Triggerpunkte und dry needling

Fast täglich spreche ich mit Menschen, die unter chronischen Schmerzen am Bewegungsapparat leiden. Die anhaltenden Schmerzen können bei Betroffenen zu einer enormen psychosomatischen Belastung und zu verminderter Leistungsfähigkeit führen. 

Oft handelt es sich hierbei um myofasziale Schmerzen, also Schmerzen, die von der Muskulatur, den Sehen oder dem Bindegewebe ausgehen. Die häufigste Ursache hierfür sind Triggerpunkte. Noch immer werden Triggerpunkte oder myofasziale Ursachen bei chronischen Schmerzen häufig übersehen und nicht oder unzureichend therapiert. Dabei kann eine gezielte Therapie zu langanhaltender Erleichterung und Rehablitation führen. 

Knoten im Muskel

Ein Triggerpunkt ist eine in der Muskulatur liegende Zone im mikroskopischen Bereich. Meist liegt der Triggerpunkt innerhalb eines verhärteten Muskelstrangs, weswegen es sich anfühlt, als wäre ein Knoten im Muskel. Die gesamte Zone reagiert überempfindlich auf mechanische Reize, wie Druck und Zug. Der Schmerz kann auch in andere Regionen des Körpers ausstrahlen. 

Dem Muskel fehlt Sauerstoff

Ursache ist ein Sauerstoffmangel im diesem Teil des Muskels. Dadurch ist der Muskel rund um den Triggerpunkt minderversorgt und erlebt eine sogenannte Energy Crisis: Die vorhandene Blut- und Sauerstoffversorgung kann den Bedarf der Muskelfaser nicht mehr decken. Es kommt zu einer chronischen Starre, weil die Muskelfasern nicht mehr dekontrahieren können. Der Muskelstrang kann nicht mehr lockerlassen. Das Verharren in der Kontraktion wird passend als Rigorkomplex bezeichnet.

Verspannungen aufgrund von Stress

Triggerpunkte können verschiedene Ursachen haben:

  • akute oder chronische Überlastungen des Muskels

  • Verletzungen / Trauma

  • eine langanhaltende Muskelkontraktion

  • exzentrische Belastung, die der Körper nicht gewohnt ist

  • lange Immobilität, z.B. durch Ruhigstellen eines Körperteils nach einer Fraktur oder Bettlägerigkeit

Aber auch auf den ersten Blick nicht mit der Muskulatur im Zusammenhang stehen können Triggerpunkte verursachen:

  • emotionaler Stress 

  • Störungen von Gelenken

  • Organstörungen

Symptome von Triggerpunkten

Der Triggerpunkt reagiert empfindlich auf Druck. Oft strahlt der Schmerz dabei aus. Wir der Druck, z.B. im Rahmen einer Massage länger gehalten, kann es zu einer Verminderung der Schmerzen führen, weswegen immer mehr Triggerpunktgeräte zur Selbstbehandlung auf den Markt kommen.  

Häufig ist der Muskel auch in seiner Funktion gestört, dass heißt man kann die gewohnten Bewegungen nicht mehr oder nicht schmerzfrei ausführen. Der Muskel fühlt sich schwach oder steif an. Viele Patient:innen empfinden in dem Bereich eine eingeschränkte Beweglichkeit. 

Wie entstehen die chronischen Schmerzen?

Wir nehmen an, dass sich die Mechanismen, die einen Übergang vom akuten zum chronischen Muskelschmerz bewirken im Nervensystem liegen. Durch langanhaltende Schmerzreize, oder auch sich immer wiederholende niedrigschmwellige Reize verändert sich das Erregungsniveau des Nervensystems: Unter normalen Umständen empfangen die Schmerznervenzellen (Nozizeptoren) einen Reiz und geben ihn ohne Interpretation ans Gehirn weiter. Erst dort wird es verarbeitet und wir nehmen den Schmerz bewusst wahr, bzw. können ihn adäquat einordnen. Durch die anhaltende Reizung kommt es zu einer aktiven Verarbeitung an mehreren Umschaltstationen auf dem Weg ins Gehirn. Plötzlich gibt es eine Vielzahl an Schmerzsignalen, die wie ein „Hupkonzert“ auf das Gesamtsystem wirken.

Triggerpunktbehandlung

Es bestehen mehrere Ansätze zur Therapie von myofaszialen Schmerzsyndromen:

  • Manuelle Therapie

  • Dry Needling und Akupunkturtechniken

  • Medikamentöse Therapieverfahren

  • Atem- und Entspannungstechniken

  • Haltungs- und Bewegungstraining

Eine manuelle Triggerpunkttherapie beinhaltet die spezifische Behandlung der Region um den Triggerpunkt, des Hartspannstrangs aber vor allem auch des ganzen Muskels und der ihn umgebenden Strukturen beinhalten. Die Identifikation von begünstigenden Faktoren, wie Haltungsschäden o.ä wird ebenfalls in die Therapie mit einbezogen. 

Dry Needling mit Akiupunkturnadeln

Das Dry Needling ist ein moderner Ansatz bei der Behandlung von Patienten mit myofaszialen Triggerpunkten. Dry Needling bedeutet im weitesten Sinne den Gebrauch von Nadeln zu therapeutischen Zwecken, ohne das Medikamente injiziert werden.

Das Dry Needling hat sich aus der Erkenntnis heraus entwickelt, dass kein gespritztes Medikament über den Behandlungserfolg entscheidet sondern der gezielte Stich in den Triggerpunkt. Der Effekt entsteht durch die mechanische Wirkung der Nadel. Beim Dry Needling werden Einweg-Akupunkturnadeln verwendet, da dickere Spritzennadeln unnötige Schmerzen und Verletzungen verursachen könnten.

Das Dry Needling löst die bestehenden Muskelkontraktionen, indem es die ineinander verhakten Aktin- und Myosinfilamente trennt. Außerdem wird angenommen, dass die chronisch feuernden Schmerzrezeptoren durch die Nadeln verletzt und kurz stillgelegt werden, und nun wieder ausheilen können. Wie ein kleiner Neustart. 

Studien über die Wirkung von Dry Needling zeigte, dass Patienten nach nur 4 Behandlungen über einen deutlich weniger intensiven Schmerz berichteten und die Dosierung von Schmerzmitteln heruntersetzen konnten. Es zeigte sich auch, dass die Kombination von Dry Needling und passiver Dehnung dem betroffenen Muskel wieder zu normaler Beweglichkeit und Kraft verhelfen konnte.

Spannungskopfschmerz und Kieferschmerzen behandeln

Besonders häufig entstehen aufgrund von Triggerpunkten Spannungskopfschmerzen. Aber auch CMD oder TMD Probleme lassen sich mithilfe von Dry Needling Techniken ergänzen, da mit den dünnen Nadeln Muskeln behandelt werden können, die mit manuellen Techniken nich gut zu erreichen sind.

Medikamente allein helfen nicht

Eine rein medikamentöse Therapie kann einen Triggerpunkt nicht neutralisieren. Sie sollte als rein symptomatische und zeitlich begrenzte Begleittherapie gesehen werden und nur zusätzlich zu manuellen und physikalischen Behandlungsverfahren zum Einsatz kommen.

Personen mit myofaszialen Triggerpunkten weisen eine ungewöhnliche Schmerzverarbeitung im zentralen Nervensystem auf, die darauf hindeutet, dass Veränderungen in Bezug auf chronische Schmerzen im Zusammenhang mit Stress stehen könnten. Entsprechend können leicht umzusetzende Entspannungsübungen einen entsprechenden Beitrag zur mittel- bis langfristigen Schmerzreduktion leisten.

Ein ganzheitliches Therapiemodell

Selten haben Triggerpunkte nur eine Ursache. Deswegen lege ich in meiner Praxis großen Wert auf die ganzheitliche Behandlung von myofaszialen Schmerzen. Eine therapeutische Sitzung umfasst eine Anamnese, Haltungs- und Bewegungsprüfung sowie die Identifikation der Triggerpunkte. 

Dabei kombiniere ich Massagetechniken und Osteopathie um das Gewebe auf das Dry Needling vorzubereiten. Je besser der Muskel vorab behandelt wurde, desto gezielter lässt sich der Triggerpunkt behandeln. Meine Erfahrung zeigt, dass ein Triggerpunkt in einem vorab erwärmten und durchbluteten Muskel nachhaltiger loslässt. 

Ich zeige meinen Patient:innen außerdem, wie sie selbst im Alltag die schmerzenden Punkte behandeln können und gebe bei Bedarf Übungen mit. So nähern wir uns den Schmerzpunkten von allen Seiten und können so nachhaltige Linderung verschaffen. 

QUELLEN

Lucas KR, Polus BI, Rich PS . Latent myofascial trigger points: their effect on muscle activation and move- ment efficiency . J Bodyw Mov Ther 2004; 8: 160–166 . 

Dilorenzo L, Traballesi M, Morelli D, Pompa A, Brunel- li S, Buzzi MG, Formisano R . Hemiparetic shoulder pain syndrome treated with deep dry needling during early rehabilitation: a prospective, open-label, rando- mized investigation . J Musculoskeletal Pain 2004; 12(2): 25–34 . 

https://www.dgs-academy.com/de/triggerpunkt-therapie/triggerpunkt-therapie/

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Die Anamnese als Teil eines ganzheitlicheren* Ansatzes

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Leaky Gut. Wenn der Darm undicht wird.