Leaky Gut. Wenn der Darm undicht wird.

Unser Körperinneres und die Umwelt sind durch mehrere Barrieren voneinander getrennt. Die prominenteste ist natürlich die Haut, sie liegt außen und sichtbar. Auch unsere Lungen bilden eine solche Barriere: An den Alveolen gelangt der Sauerstoff in unser Blut, während manch andere Partikel draußen bleiben. Die weitaus größte Barriere aber ist unser Verdauungstrakt. Würde man den Darm mit seinen vielen Zotten und Falten fein säuberlich glätten und ausbreiten, wäre die Fläche größer als ein Tennisplatz. Im Vergleich dazu wirkt die Haut mit ihren knapp 2qm ziemlich klein. 

Der Darm: unsere größte Schutzbarriere

Genau genommen ist Nahrung im Verdauungstrakt noch außerhalb unseres Körpers. Der Darm spielt eine ganz besondere Rolle. Hier werden die Nährstoffe aus dem Essen in den Körper geschleust. Das System ist hochkomplex und besteht aus mehreren Komponenten, die alle zusammenarbeiten:

  1. Im Darm lebende Bakterien wehren Schadstoffe ab. Sie verarbeiten außerdem die Stärke in der Nahrung, so dass sie passierbar wird und erzeugen im Darm wichtige Moleküle, wie z.B. die kurzkettigen Fettsäuren.

  2. Die antimikrobielle Gallensäure ist biochemisch aktiv.  

  3. Die Darmschleimhaut schützt die unter ihr liegenden Zellen. Hier sitzt außerdem ein Teil der immunologischen Abwehr: die sIgA – Immunglobuline, die Teil unseres angeborenen Immunsystems sind. 

  4. Dann kommen die Darmepithelzellen. Diese liegen ganz dicht beeinander und sind verbunden durch Tight Junctions.

  5. Hinter den Epithelzellen wartet eine weitere immunologische Komponente: B-Zellen, T-Zellen und Mastzellen aktivieren das Immunsystem, wenn es reagieren muss. 

Ein undichter Darm kann krank machen.

Wenn dieses System gut funktioniert, dann passieren nur Nährstoffe ins Körperinnere, die keine Probleme erzeugen. Wenn aber die Barriere beschädigt ist, können Schadstoffe wie Bakterien, Allergene oder einfach nicht adäquat gespaltende Aminosäureketten in den Körperkreislauf gelanden. Das Immunsystem reagiert sofort mit einer Entzündung auf diese Eindringlinge. Hält der Einstrom schädigender Partikel über längere Zeit an, kommt es zu Erkrankungen. 

Die Liste der Erkrankungen, die mit einem undichten Darm in Verbindung gebracht werden ist lang:

  • Magengeschwüre

  • Chronisch entzündliche Darmerkrankungen, wie Morbus Crohn und Colitis ulcerosa

  • Reizdarmsyndrom

  • Zöliakie 

  • Nahrungsmittelunverträglichkeiten

  • nicht-alkoholische Fettleber

  • Krebserkrankungen

  • Insulinresistenz und Typ 2 Diabetes

  • Herzkreislauferkrankungen

  • Depressionen

  • Demenz

  • Antriebslosigkeit

  • Autimmunerkrankungen

  • Allergien

  • Hauterkrankungen, z.B. Neurodermitis, sensible Haut

  • Arthritis

  • uvm.

Wie entsteht ein Leaky Gut?

Es gibt viele Faktoren, die die Durchlässigkeit des Darmes erhöhen können: Eine falsche Ernährungsweise, Nährstoffmangel, Schmerzmedikamente, Alkohol, Stress, Erschöpung, Entzündungen, ein gestörtes Mikrobiom, eine Dünndarm-Fehlbesiedlung (SIBO), Zöliakie, erhöhter Blutdruck… Vieles davon gehört quasi zum alltäglichen westlichen Lebensstil:

  1. Zucker und Fructose, wie sie z.B. in Limonaden oder Fruchtsäfte vorkommen zerstören die Darmschleimhaut und belasten die Leber. 

  2. Getreide enthält neben Gluten noch andere Antinutrienten, die die Darmbarriere schädigen können. Daher sollte Getreide in kleinen Mengen gegessen werden.

  3. Zu viel Alkohol aktiviert die Mastzellen (Immunzellen) in der Darmschleimhaut und triggert Entzündungen.

  4. Schmerzmittel, genauer NSARs (nichtsteroidale Antirheumatika) zerstören die Darmbarriere und stimulieren die Bildung von Entzündungsbotenstoffen. Sie sollten daher nicht über längere Zeit eingenommen werden.

  5. Auch langanhaltender Stress kann zu einer Öffnung der Schutzbarrieren führen.

  6. Antibiotika zerstören das Mikrobiom und schwächen die Darmbarriere.

Wie wirkt Gluten im Darm?

Vorab gilt, dass Glutenintoleranz nicht gleich Zöliakie bedeuten muss. Die Zöliakie ist eine genetische Erkrankung, bei der bereits kleinste Mengen Gluten ausreichen, um die Dünndarmzotten zu zerstören. Diese sind essentiell zur Nährstoffaufnahme und wenn sie zugrunde gehen, können Nährstoffe nicht mehr oder nur unzureichend resorbiert werden. Bis vor einigen Jahren ging man davon aus, dass etwa 1 von 1.000 Menschen von einer Zöliakie betroffen waren. Mittlerweile zeigen neuere Screenings, dass die Häufigkeit bei 1:200 bis 1:300 liegt.

Immer mehr Menschen haben das Gefühl, dass der Konsum von viel glutenhaltigen Nahrungsmitteln ihnen nicht gut tut. Das kann durchaus sein, auch wenn keine Zöliakie vorliegt. Das Gluten wirkt nämlich direkt auf die Tight Junctions, die die Darmepithelzellen wie ein Reißverschluss aneinander binden. Nach einer glutenreichen Mahlzeit wird das Gluten zunächst in kleiner Peptide, die sogenannten Gliadine zerlegt. Die Fähigkeit zum Abbau der Gliadine im Darm unterscheidet sich von Mensch zu Mensch stark. Wenn die Gliadine nicht vollständig abgebaut werden können, öffnen sie die Tight Junctions einfach wie einen Reißverschluss, und die Darmbarriere wird durchlässig.

Leaky Gut und Autoimmunerkrankungen

Besonders häufig tritt ein Leaky Gut in Kombination mit Autoimmunerkrankungen auf. Studien zeigen, dass bei einer gestörten Darmbarriere das darmassoziierte Immunsystem (GALT) übermäßig viele Antikörper produziert. Vor allem bei jemandem mit einer Prädisposition für Autoimmunerkrankungen kann diese Flut an Antikörpern dann auch körpereigenes Gewebe angreifen. Ein Beispiel: Gliadine sehen für manche Antikörper dem Schilddrüsengewebe sehr ähnlich. Darin wird ein möglicher Zusammenhang zwischen Leaky Gut und der Hashimoto Thyreoiditis vermutet.

Detox? Fehlanzeige.

Die Leber ist das Arbeitstier wenn es um Entgiftung geht. Alles, was durch den Darm in den Blutkreislauf gelangt fließt in die Leber. Je höher die Zahl der Giftstoffe, die so in den Körper kommen desto höher ist die Last, die die Leber bewältigen muss. Durch die ständige Überbelastung kommt es zunächst zu einer ausgeprägten Müdigkeit. Wird der Leaky Gut nicht diagnostiziert und saniert, kann die Leber langfristig verfetten.

Nahrung als Medizin.

Eine effiziente, dichte Darmbarriere ist die Basis für unsere Gesundheit und Heilung mancher Erkrankungen. In erster Linie hat das, was wir essen oder nicht essen den größten Einfluss auf unsere Darmgesundheit:

Auf Zucker, Getreide, einfache Stärke sollten wir im Interesse einer stabilen Darmbarriere und eines gesunden Mikrobioms weitgehend verzichten. Besonders häufig finden diese sich in industriell verarbeiteten Lebensmitteln (highly processed Foods).

Stattdessen sollten wir wieder kreativ werden und buntes Gemüse in allen Formen und Farben auf den Tisch zaubern. Optimal wären 120 verschiedene Pflanzen im Verlauf von 14 Tagen. Klingt fast unmöglich, aber bereits die Annäherung an eine neue Vielfalt kann wie Medizin wirken. Gewürze und Kräuter können behilflich dabei sein, die Gerichte auch ohne künstliche Aromen köstlich zu würden. Nüsse, Samen und Kerne können viel zur Sensorik eines Gerichtes beitragen.

Keine Angst vor kleinen Veränderungen – das komplexe System Darm freut sich über jede Abwechslung!

Darmsanierung

Bei einem bestehenden Leaky Gut empfiehlt sich eine Darmsanierung. Hier unterstützen wir die Darmbarriere durch einen intelligenten Mix an Probiotika & Präbiotika, Mikronährstoffen, Aminosäuren, Vitaminen und mehr.

Wenn Sie herausfinden möchten, ob Sie einen Leaky Gut haben und was Sie für Ihren Darm tun können, sprechen Sie mich gern an.


QUELLEN

https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/25407511/

https://www.mdpi.com/2218-273X/10/8/1181

https://www.daab.de/ernaehrung/darm-im-fokus/darmerkrankungen/zoeliakie/

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